Eigentlich wissen wir, dass die Veränderung die einzige Konstante ist, es nie gleich und immer etwas anders ist. «Ich weiss, dass ich nichts weiss», auch das eine altbekannte Weisheit. Und doch fällt es uns schwer, die Mehrdeutigkeit, das nicht Eindeutige auszuhalten.
Woher kommt dieser Wunsch nach Eindeutigkeit, Sicherheit und Harmonie? Um solche Fragen ging es im Einstiegsreferat von Yves Bossart zum philosophischen Hintergrund der Ambiguität. Und schon hatte ich mein erstes AHA-Erlebnis. So entsteht die Harmonie erst dank Mehrdeutigkeit. Harmonie bedingt, dass Gegensätze nebeneinander Platz finden, sich annehmen, sich aushalten, sich versöhnen - eben harmonieren. Harmonie oder eben dieses schöne Spannungsfeld bedingt aber auch, dass wir uns darauf einlassen. Es braucht eine innere Ruhe. Druck und Stress sind «Gift». Das heisst, wir müssen loslassen vom «müssen». Oder anders ausgedrückt von Eva Bischofsberger, intermediale Kunsttherapeutin: Es geht darum, die innere klare ruhige Mitte «ausfransen» zu lassen, man soll «fransig» werden, ohne dabei die innere Mitte zu verlieren. Im beruflichen Kontext von Oliver Steiner, Referent zum Thema Ambiguität und Digitalisierung bedeutet das: Wir müssen einen Weg finden, um die Mehrdeutigkeit von neuen Medien in einer profunden Ambiguität aushalten und nutzen zu lernen. D.h, sie nicht nur als Kontrollinstrument zu sehen, sondern auch als Grundlage für Wissensaneignung. Mit einem anderen Bild drückt es Caroline Fux aus, Referentin zum Thema Ambiguität in der Persönlichkeit: Uns gelingt mit einem gesunden erwachsenen Ich den Kongress der inneren Stimmen zu leiten.
Zum Schluss noch einige persönliche Gedanken, die vielleicht auch Sie unterstützen, die Mehrdeutigkeit auszuhalten und zu nutzen:
- Es muss nicht perfekt sein und nicht immer am «Schnürchen» laufen. Es darf auch ruhig weniger geradlinig, eindeutig und klar sein.
- Gib dich bescheiden und demütig, übergebe dich der Ratlosigkeit (Kunst des Scheiterns).
- Das Leben soll nicht nur die Suche nach Lösungen sein, sondern das Leben ist zum Leben.
- Wenn ich verbunden bin mit mir und dem Hier und Jetzt, kann ich verschiedene andere Sichtweisen/Perspektiven annehmen.
- Sich auf die «Ahnungslosigkeit»/ das «Nichtwissen» bewusst einlassen.
- Ich begehre im Moment zu sein, gebe dem Moment Raum und gehe bewusst Schritt für Schritt den Weg, um zu üben.
- Präsent sein heisst zu spielen.
Mögen diese Ideen Sie anregen und Sie hoffentlich nicht primär zu Lösungen, sondern zu weiteren ambiguen Überlegungen und Ideen führen, die Sie inspirieren!
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